Am 27. Juni 2023 wurde der 17 jährige Naël nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei im Pariser Vorort Nanterre von einem Polizist erschossen. Bei Polizeigewalt gibt es keine „Einzelfälle“. Rassismus hat bei der Polizei schon immer System und ist tief in der Institution verankert. Wir haben eine Einschätzung der Geschehnisse am 1.7.2023 auf Instagram gepostet.
Eine Einordnung zu den Geschehnissen in Frankreich
Am Dienstagmorgen wurde der 17 jährige Naël in #Nanterre von einem Polizisten ermordet. Rassistische #Polizeigewalt hat in Frankreich (so wie auch hier in Österreich) eine lange Geschichte. Genauso aber auch der Widerstand dagegen.
Als Reaktion auf den Mord an Naël veröffentlicht eine Polizeigewerkschaft einen Tweet indem sie dem Mörder gratulierten und Naëls Eltern für seinen Tod verantwortlich machten. Es zeigt sich wieder einmal mehr, es gibt keine „Einzelfälle“. Rassismus hat bei der Polizei schon immer System und ist tief in der Institution verankert.
Schnell bekundeten Politiker*innen (darunter auch Präsident Macron) ihr Bedauern über den Tod von Naël. Doch es ist klar, dass vonseiten der Politik keine Lösungen kommen können und werden (während in den Banlieus Strassenschlachten tobten, ging Macron lieber auf ein Elton John Konzert). Denn sie hält an der Idee, dass es sich um Einzelfälle und Einzeltäter handelt fest und weigert sich, das Problem als systematisch zu betrachten. Es geht nicht nur darum, einen einzelnen Polizisten zu verurteilen, sondern die Polizei als ganze Institution zu hinterfragen und zerlegen.
Ebenso haben vergangene rassistische Morde überall auf der Welt gezeigt das auf den Staat kein Verlass ist. Im Gegenteil, es wird versucht, die Ereignisse zu relativieren oder sie unter den Tisch zu schieben, sowie jeglichem Protest mit Repression zu begegnen.
Als Reaktionen auf den Mord kam es in ganz Frankreich zu großen Aufständen (Teilweise auch außerhalb Frankreichs, in Brüssel und anderen Städten). Im Zuge der Proteste kam es zu Angriffen auf die Polizei, Autos und Häuser wurden in Brand gesetzt sowie Geschäfte geplündert.
Politik und bürgerliche Medien versuchten schnell denn Protest zu diffamieren und ihn als unpolitische abzutun. Es soll sich um „schlecht erzogene“ Jugendliche handeln, die Freude daran haben Sachen in Brand zu stecken (wie beispielsweise Macron die Protestierenden in einer Pressekonferenz beschrieb). Dabei bedienen sich sowohl Medien als auch Politik immer mehr an faschistischen und rassistischen Narrativen.
Ebenso versuchen Faschistische Parteien und Gruppierungen die Proteste zu nutzen und verbreiten rassistische Hetze. In diesen Tagen sind französische Medien und die Pressemitteilungen der Regierung durchzogen von rassistischer und klassistischer Rhetorik.
Es wird versucht die Polizei als Opfer darzustellen und die Menschen die sich gegen sie wehren als Täter*innen. Wichtig ist zu beachten, dass die Proteste von Anfang an politisch waren und es auch bleiben. Viele der Brandanschläge waren gezielt auf staatliche oder kapitalistische Institutionen (darunter mehrere Polizeistationen, ein Rathaus, Gefängnisse, Banken, Einkaufzentren, Olympiabaustelle etc.).
Genauso gab es zusätzlich zu den, oftmals spontan gestarteten Angriffen und Plünderungen, auch in ganz Frankreich Großdemonstartionen. Zum Beispiel eine Gedenkdemonstration gestern in Nanterre mit Naëls Mutter und tausenden von Teilnehmerinnen. Auch diese wurde von der Polizei angegriffen.
Generell reagierte die Regierung auf die Proteste mit einer riesigen Repressionswelle. 40‘000 Polizist*innen wurden aufgeboten (u.a. Spezialeinheiten wie RIAD und BRI). Allein gestern Nacht sollen etwa 600 Menschen verhaftet worden sein. Zusätzlich verwendet die Polizei großflächig Drohnen, um die Situation in Echtzeit zu überwachen. Auch für heute Nacht stehen wieder tausende Polizistinnen bereit.
Es ist wichtig, die Hintergründe der Proteste zu verstehen und nicht auf bürgerliche und faschistische Narrative zurückzufallen, sondern diese anzugreifen und zu zerlegen. Die Proteste sind vielfältig und werden von hunderttausenden von Menschen getragen. Manchmal sind es genau koordinierte Aktionen, aber oft auch spontane Wutausbrüche. Unter den Protestierenden sind vor allem auch Menschen, die Polizeigewalt allzu gut kennen.
Dabei ist das Problem auch nicht auf Polizeigewalt beschränkt. Die Wut entspringt aus einer Reihe von Diskriminierungen, welche Menschen in Frankreich (und überall auf der Welt) erfahren. Die Morde durch die Polizei sind ein Ausdruck dieser Unterdrückung, genauso aber auch zuhnemende soziale Ungleicheit, die Prekarisierung der Arbeit und des Wohnens oder die rassistische Grenzpolitik.
Zeigen wir uns solidarisch mit den Protestierenden in Frankreich und überall und bekämpfen wir auch hier die rassistische Polizei!
★ pas de justice, pas de paix ★
#Justicepournaël #Nanterre
Rosa Antifa Wien via Instagram {Stand: 01.07.2023}