Israel/Palästina: Von Homelandchefs und anderen Polizeipräsidenten

Nachdem im Mai 99 die Arbeiterpartei Ehud Baraks bei den israelischen Parlamentswahlen den Sieg davongetragen hatte, und dies das Ende der rechtsextremen Netanyahu-Regierung bedeutete, glaubten viele, daß nun die Chance auf einen Frieden in Palästina wieder gestiegen sei. Diese Hoffnung ist aber schon allein durch die Tatsache getrübt, daß Barak Bündnispartner für die Regierungsbildung brauchte, und daß nun einige davon getrost zum rechten und orthodox-jüdischen Eck gerechnet werden können. Dennoch, immerhin ist die Gesprächsbereitschaft von israelischer Seite gestiegen. Ob dies allerdings zu den 1993 in Oslo ausverhandelten Zielen führen wird, bleibt offen.

Ein erster Schritt

Was in Oslo beschlossen worden ist, war als erster Schritt zu einer friedlichen Beilegung des Israelisch-Palästinensischen Konfliktes gedacht. Der Gedanke dahinter war, daß sich von einigen wenigen autonomen Gebieten ausgehend ein palästinensisches Gemeinwesen entwickeln sollte, das immer mehr Teile der besetzten Gebiete unter Kontrolle bekommen und vielleicht einmal ein eigener palästinensischer Nationalstaat werden sollte. Die wirklich heißesten Eisen - die Frage der palästinensischen Eigenstaatlichkeit, der Status Jerusalems und die Frage der israelischen Siedlungen - blieben aber vorerst ausgeklammert und sollten in Folgeverhandlungen erörtert werden. Immerhin wurde jedoch ein ungefährer Zeitplan für weitere Räumungen von Teilen der besetzten Gebiete beschlossen, dem die israelische Regierung seither hinten nach hängt.

Das Zustandekommen des Osloer Abkommens wurde zwar von Teilen der Bevölkerung der besetzten Gebiete mit großer Freude aufgenommen - immerhin gelang es Arafats Propagandamaschinerie, den Vertrag als den großen Durchbruch zur Freiheit darzustellen - wurde aber auch von breiten Teilen der politischen Opposition und der in der Intifada aktiven Jugendlichen abgelehnt.

Große Teile der PLO kritisierten einerseits das Zustandekommen des Abkommens - Arafat hatte die Verhandlungen mit ganz wenigen Vertrauten ohne Legitimation der PLO geführt und auch ohne eine solche abgeschlossen - andererseits aber auch die Ergebnisse desselben. Arafats alFatah-Fraktion hat damit auch die politische Kraft der PLO, die sich aus religiösen bis linken Organisationen zusammensetzt, nachhaltig untergraben. Das Abkommen sah nämlich keinerlei Lösungen für die Hunderttausenden Palästinensischen Flüchtlingen vor, die immer noch unter erbärmlichsten Bedingungen in den Flüchtlingslagern der angrenzenden arabischen Staaten und der besetzten Gebiete ausharren müssen. Eine Schwäche der PLO-Führung ausnutzend, gelang es der israelischen Regierung, in allen wesentlichen Bereichen Arafat zu großen Kompromissen zu zwingen. Für den Preis eines sich in Zukunft vergrößernden "Homelands" sollte er in Zukunft dafür die Sicherheit Israels garantieren, und die Bevölkerung der besetzten Gebiete zum Stillhalten bringen.

Polizeistaat in den besetzten Gebieten

Dieser Aufgabe kam Arafat auch bald mit ebenso autoritären Methoden nach, wie sie zuvor die Israelische Armee angewendet hatten. Mit dem Argument, palästinensische Extremisten unter Kontrolle bringen zu müssen, gelang es der al-Fatah Führung, unter den Augen der Weltöffentlichkeit einen Polizeistaat schon massiv aufzubauen, ehe dieser Staat noch existierte. Schon wenige Monate nach dem Inkrafttreten der ersten Autonomiephase stellte sich heraus, daß Folter, willkürliche Verhaftungen, Zensur, ja selbst extralegale Hinrichtungen auch zum täglichen Repertoire der neuen Machthaber gehörten.

Durch solche Methoden abgeschreckt, werden so selbst in den eigenen Reihen der al-Fatah die kritischen Stimmen gegen Arafat immer lauter. Hatten die alten PLO-Oppositionsgruppen wie die PFLP oder die DFLP sich von Anfang an dem "Friedensprozeß" gegenüber kritisch verhalten (obwohl diese beiden mittelfristig einen zusammenhängenden palästinensischen Staat anstreben, um von dort aus weiter für einen multireligiösen, multinationalen Staat zu kämpfen), oder diesen, wie die PFLP-GC, im syrischen Exil, an der Seite des syrischen Regimes, aktiv bekämpft, so beteiligten sich Vertreter der zur Volkspartei umbenannten ehemaligen KommunistInnen trotz Kritik am Abkommen an den Wahlen für die Autonomiebehörde, einige davon sehr erfolgreich.

Aber auch der Spielraum der Volkspartei wurde immer enger. Die vor 15 Jahren noch von den israelischen Geheimdiensten als Gegengewicht zur PLO geförderten IslamistInnen in der Hamas mußte Arafat im Auftrag der Israelischen Regierung jedoch schon von allem Anfang an unterdrücken. Die politische Konfrontation verschob sich so immer mehr ins Innere der Palästinensischen Gesellschaft.

Bantustanisierung

Nach der Ermordung des Israelischen Ministerpräsidenten Rabin durch einen religiös-zionistischen Extremisten aus dem Umfeld der extremistischen SiedlerInnenbewegung Gush Emunim und dem Wahlsieg des Rechtsbündnisses Likud unter Führung des Rechtsextremisten Benjamin Netanyahu kam die Rückgabe weiterer besetzter Gebiete trotz der Unterwürfigkeit des Palästinenserpräsidenten und seiner weitgehend erfolgreichen Unterdrückung der Opposition gegen den "Friedensprozeß" immer mehr ins Stocken. Netanyahu hatte die Wahl mit Propaganda gegen den "Friedensprozeß" gewonnen und setzte seit seiner Wahl alles daran, diesen zu torpedieren.

Arafat blieb trotzdem weiterhin "Homelandchef", und betrieb nun die israelische Sicherheitspolitik in "seinen" autonomen Gebieten weiter. Dieser Prozeß der "Bantustanisierung", wie ihn u. a. der israelische Politikwissenschafter Zvi Schuldiner nennt, hatte sich seit der Machtübernahme Netanyahus so weit verstärkt, daß viele palästinensische Intellektuelle und Politiker die Situation der Bevölkerung der "Autonomiegebiete" heute als schlimmer schildern als vor der Entlassung dieser Gebiete in die "Autonomie". Die soziale Peripherisierung dieser "Autonomiegebiete" hat sich weiter verschärft. Israel konnte nun nicht mehr nur das ganze Westjordanland abriegeln, sondern tat dies immer mehr auch mit den einzelnen Flecken dieser "Bantustans". Vor allem die wochenlange Abriegelung Bethlehems erregte hier internationale Aufmerksamkeit. Diese "wiederholten Absperrungen durch Israel kosteten der Wirtschaft pro Tag neun Millionen Dollar. Die Arbeitslosenrate kletterte auf bis zu 70 Prozent. Seit 1993 sank das Pro-Kopf-Einkommen um 30 Prozent." (1)

Auch der Siedlungsbau zwischen den PalästinenserInnen-"Bantustans" - der nicht einmal unter der Regierung der Arbeiterpartei eingestellt wurde - war unter Netanyahu weiter angeheizt worden. Die ExtremistInnen der Gush Emunim leben großteils in von der Armee schwerstbewachten Siedlungen. Immer wieder kommt es zu Attentaten von Anhängern der Gush Emunim und kleinerer ExtremistInnengruppen auf PalästinenserInnen. Palästinensische ExtremistInnen antworten wiederum mit (Selbstmord-) Attentaten auf Israelisches Militär und Zivilbevölkerung. Wenigstens wurde der "wilde" Siedlungsbau seit dem Amtsantritt Baraks eingestellt. Die Konflikte bleiben aber bestehen, klingt es doch unrealistisch, daß sich die SiedlerInnen aus den unter der Regierung Netanyahu errichteten Siedlungen zurückziehen würden.

"Die Siedler", so schreibt Zvi Schuldiner, "waren maßgeblich an der Umsetzung jenes Konzeptes beteiligt, demzufolge jede neue Siedlung ein konkretes Hindernis für jedwede Verhandlung darstellt. Jede Siedlung bedeutet die Perpetuierung israelischer Präsenz in den Besetzten Gebieten und deren faktische Annexion, ohne daß es einer entsprechenden formalen Erklärung bedarf." (2)

Wye Plantation

Nachdem der "Friedensprozeß" seit der Machtübernahme der Regierung Netanyahu völlig ins Stocken gekommen war, und selbst von ehemals enthusiastischen UnterstützerInnen Arafats bereits als tot erklärt wurde, kam Mitte November 1998 unter Druck der US-Regierung in Wye Plantation doch noch ein Abkommen über den weiteren Truppenrückzug Israels zustande. Arafat stimmte zu, antiisraelische Passagen der PLO-Charta mit Mitgliedern des Palästinensischen Nationalrates und anderer Palästinensischer Körperschaften für gestrichen zu erklären, dafür sollte sich die Israelische Armee aus weiteren 13 Prozent des Westjordanlandes zurückziehen. Ein beträchtlicher Teil dieses Gebietes sind Naturschutzgebiete, trotzdem bekommt der palästinensische Fleckerlteppich einige Fleckerln mehr. Für den Rest des Westjordanlandes wurde jedoch keinerlei Regelung gefunden, und der Siedlungsbau mit der de-facto-Annexion dieser Gebiete hält weiterhin an. Auch die Pläne, große Teile des Westjordanlandes Jerusalem einzugemeinden und damit für Israel zu annektieren, sind noch nicht fallen gelassen worden.

Unter diesen Bedingungen wird es immer unwahrscheinlicher, daß Arafat die Opposition in den eigenen Reihen weiter unter Kontrolle halten kann. Schon jetzt wird die Unterstützung für die islamistische Hamas - die es die letzten Jahre geschafft hat, sich als die kompromißlose Alternative zu Arafat zu profilieren - besonders unter den Jugendlichen immer grösser. Während die säkulare Opposition gegen Arafat im Exil weiterbesteht, hat sie sich in den besetzten Gebieten mit Ausnahme der Volkspartei weitgehend atomisiert. Tausenden jungen PalästinenserInnen bietet sich so als Alternative zu Arafats Kuschelkurs nur noch die Hamas, welche bereits jetzt Erfolge in der "Reislamisierung" der Gesellschaft zu verzeichnen hat.

Auch in Israel gärt es

Seit der "Friedensprozeß" unter Netanyahu mehr und mehr in einer Sackgase angekommen war, hatte sich auch innerhalb Israels der Widerstand gegen das Regime verstärkt. Einerseits sahen immer mehr Israelis - auch viele LinkszionistInnen - die fatalen Folgen der Eskalationspolitik Netanyahus und traten mit Demonstrationen, Friedensbewegungen oder schlicht einem anderen Wahlverhalten gegen den Likud auf. Andererseits machte sich die letzten zwei Jahre, zum ersten Mal seit der Vertreibung des Großteils der PalästinenserInnen aus dem eigentlichen Staatsgebiet Israels im Jahre 1948, auch palästinensischer Widerstand in den Grenzen von 1948 verstärkt bemerkbar.

Die israelischen PalästinenserInnen hatten neben der Israelischen Kommunistischen Partei, in der viele von ihnen gemeinsam mit linken Israelis organisiert sind, nun auch eigene politische Parteien aufgebaut. Organisationen der Zivilgesellschaft setzten sich gleichzeitig für die israelischen BürgerInnen zweiter Klasse ein, denn obwohl die 1948 im Land verbliebenen PalästinenserInnen - heute über 10% der israelischen Bevölkerung - die israelische Staatsbürgerschaft besitzen, besitzen sie nicht die vollen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. Von einer Gleichstellung aller Staatsbürger innerhalb Israels kann also nicht einmal rechtlich die Rede sein, geschweige denn ökonomisch oder gesellschaftlich.

Ein guter Teil dieser arabischen BürgerInnen Israels leben in Dörfern, "die auf keiner Landkarte zu finden sind und auch keinerlei grundlegende Dienstleistungen des Staates in Anspruch nehmen können." (3)

Von den staatlichen Behörden wurde das Land, auf dem sich die Dörfer dieser Menschen befinden, zur landwirschaftlichen Nutzung bestimmt, obwohl diese Dörfer dort schon seit Generationen bestehen, also großteils schon lange vor der Staatsgründung Israels existierten. Trotzdem betrachteten die jeweiligen Regierungen diese Dörfer seit der Staatsgründung Israels als illegal, ihre BewohnerInnen werden "behandelt, als hätten sie sich das Land widerrechtlich angeeignet." (3)

So ließ die Regierung die Häuser der DorfbewohnerInnen regelmäßig demolieren, oft unter dem Vorwand, es hätten dort "TerroristInnen" gehaust. Es existieren weder grundlegende Infrastrukturen, Schulen oder eine medizinische Versorgung. Um gegen diese jahrzehntelange Marginalisierung der DorfbewohnerInnen zu protestieren, schlossen sich 1988 die ersten BürgerInnen nichtanerkannter Dörfer mit ihren jüdischen Nachbarn im Dorf Ein Hod bei Haifa zusammen. Seither versuchen sie als die "Vereinigung der Vierzig" gemeinsam für die Rechte der arabischen BürgerInnen Israels und die Anerkennung ihrer Dörfer zu kämpfen. Untersuchungen der "Vereinigung der Vierzig" ergaben, daß in ganz Israel in 149 nicht anerkannten Dörfern 75.000 Menschen leben.

Die Kämpfe der "Vereinigung der Vierzig" zeigten unter der Regierung der Arbeiterpartei bereits erste Früchte. Zumindest acht Dörfer - darunter Ein Hod - wurden anerkannt, und mit grundlegender Infrastruktur versorgt. Nach den Wahlen 1996 änderte sich die Lage jedoch wieder schlagartig. Seither wurden nicht nur keine neuen Dörfer mehr anerkannt, sondern Umweltminister Rafi Eitan kündigte sogar an, die Anerkennung der acht Dörfer wieder rückgängig zu machen. Wie die Barak-Regierung damit umgeht, ist z.Zt. noch unklar.

Viele der Kämpfe der arabischen Bürger Israels spielen sich ähnlich wie jener der "Vereinigung der Vierzig" auf der Ebene ganz konkreter Forderungen der Zivilgesellschaft ab. NGOs, an denen oft auch fortschrittliche jüdische Israelis beteiligt sind, kämpfen auf einer Vielzahl von verschiedenen Ebenen für eine Gleichheit aller Bürger Israels und ein Ende der Apartheid im eigenen Land. Daneben gibt es eine Fülle von Forderungen einer kulturellen Autonomie und/oder Gleichstellung der arabischen BürgerInnen. Die Möglichkeiten, arabisch in der Schule zu lernen, sind hier die letzten Jahre nicht zuletzt aufgrund dieser Forderungen ausgebaut worden. Sogar jüdische Israelis lernen bereits vielfach einige Brocken Arabisch.

Innere Zerrissenheit

Viele jüdische Israelis konnten aber sowieso immer schon Arabisch, denn der Anteil orientalischer JüdInnen an der israelischen Bevölkerung ist seit der Gründung des Staates Israel ständig gewachsen.

Gerade diese orientalischen JüdInnen sind es aber, die sich selbst wiederum vielfach von den Aschkenasim, den Europäischen OstjüdInnen, unterdrückt fühlen. Fast alle guten Posten in Wirtschaft und Politik werden von Aschkenasim wahrgenommen, die Geschichtsschreibung ist ebenso eine der Aschkenasim wie die Elemente, aus denen seit der Unabhängigkeit Israels die vorherrschende "Staatskultur" gezimmert wird.

Den orientalischen JüdInnen Israels werden sowohl vom eigenen Israelischen Staat, als auch von den meisten arabischen Staaten, fast unüberwindliche Hindernisse in den Weg gelegt, wenn sie ihre daheim gebliebenen Verwandten im Jemen, Ägypten, Syrien oder dem Irak besuchen möchten. Nur mit Marokko konnte sich die letzten Jahre wieder ein regerer Austausch zwischen den in Marokko verbliebenen JüdInnen und den nach Israel ausgewanderten entwickeln.

Um die Benachteiligungen durch die "Weißen" Israelis zu bekämpfen, haben sich viele orientalische JüdInnen in Bewegungen wie den "Black Panthers" zusammengeschlossen, einer Partei der orientalischen JüdInnen, die sich bewußt nach den der Partei der Afroamerikanischen Befreiungsbewegung in den USA benannte.

Aber auch innerhalb der Aschkenasim besteht alles andere als Homogenität. Zwischen den säkularisierten Israelis und den Religiösen verschiedenster Sekten des Judentums tun sich ebenso Welten auf wie zwischen VertreterInnen der KP und verschiedenster ZionistInnen. Selbst innerhalb des Zionismus ist die Kluft, zwischen einem von den verschiedensten Kleinparteien und einer Reihe sozialistischer Kibbuzim getragenen Linkszionismus und dem Likud oder noch weiter rechts stehender rassistischer und faschistischer Gruppen, eine unüberbrückbare.

Zukunft trotz der Vergangenheit?

Die Gründung Israels ist nicht losgelöst von der Shoa zu betrachten. Nach der Ermordung von Millionen JüdInnen durch Deutsche und ÖsterreicherInnen war der Wunsch nach einem Zufluchtsort für die jüdische Bevölkerung nur allzu verständlich. Die Sicht der PalästinenserInnen klammerte dies allzu oft aus. Die israelische Geschichtsbetrachtung ging hingegen bis in die jüngste Vergangenheit von einem kaum besiedelten Land aus, das erst durch die KolonistInnen urbar gemacht wurde. Die jahrhundertelange Existenz der palästinensischen Bevölkerung in Palästina und ihre gewaltsame Vertreibung 1948 wird in dieser offiziellen Geschichtsschreibung noch immer genauso wenig beachtet wie die Tatsache, daß viele der NachfahrInnen dieser Vertriebenen heute noch in Flüchtlingslagern leben müssen. Erst die "Neuen Historiker" - eine Generation junger, engagierter HistorikerInnen hat hier innerhalb der israelischen Geschichtsbetrachtung andere Sichtweisen möglich gemacht.

Der israelische Historiker Isaac Deutsch vergleicht die Gründung Israels mit einem Menschen, der aus einem brennenden Haus springt und dabei einen zufällig vorbeigehenden anderen Menschen verletzt. Der aus dem brennenden Haus springende fordert den anderen dazu auf, zu verschwinden und begründet dies damit, immer schon dagewesen zu sein. Der vom Springenden Verletzte will hingegen nicht sehen, daß der , der ihn verletzt hat, aus einem brennenden Haus gesprungen ist, um sich zu retten.

Vielleicht böte die seit dem Scheitern des "Friedensprozesses" wieder langsam von Intellektuellen wie Edward Said diskutierte Frage eines binationalen Staates und einer Rückkehrmöglichkeit für die Flüchtlinge einen besseren Lösungsansatz wie die verschiedensten Teilungspläne israelischer und arabischer Despoten. Letztlich wird aber nur die Überwindung von (National-)Staatlichkeit an sich einen wirklichen Fortschritt bringen. Der Nahostkonflikt ist somit nur durch eine anarchistische Revolution wirklich befriedigend lösbar.

{spok / hand und fuß}

  • al- Fatah: "der Sieg", politische Partei Arafats und größte Partei in den Besetzten Gebieten, mit einem relativ breiten ideologischen Spektrum und bürgerlich-nationalistischer Führung.
  • PFLP: Peoples Front for the Liberation of Palestine: Nationalrevolutionäre Palästinenserbewegung um den christlichen Arzt George Habash, die aus dem Bund der Arabischen Nationalisten (BdAN) hervorgegangen ist. Vor allem in ihrer Anfangsphase führte die Gruppe um Habash auch Anschläge gegen jüdische Einrichtungen außerhalb Israels durch, und bekam dadurch immer wieder eine antisemitische Stoßrichtung. Einige dieser Fehler wurden später eingesehen und zugegeben. Insgesamt bildete die PFLP bis zum "Friedensprozeß" die wichtigste Organisation der Palästinensischen Linken und bekannte sich seit den Siebziger Jahren zum Marxismus-Leninismus.
  • DFLP: Demokratic Front for the Liberation of Palestine: marxistisch-leninistische Abspaltung der PFLP um Najef Hawatmeh, die sich zur zweitgrößten linken Gruppierung in der PLO entwickelte.
  • PFLP-GC: Peoples Front for the Liberation of Palestine - General Command: Abspaltung von der PFLP unter Ahmad Gibril, die seit einigen Jahren mit kleineren PLO-Gruppen in Damaskus eine Anti-Arafat-Front schmiedet, die fast völlig von Syrien kontrolliert wird.
  • PPP: Palestine Peoples Party: Die Kommunistische Partei Palästinas benannte sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Volkspartei um, vertritt aber immer noch vergleichsweise fortschrittliche Positionen. Eine kleine Abspaltung der alten PCP werkt unter diesem Namen jedoch in Damaskus weiter.
  • Hamas: Islamische Widerstandsbewegung: eine von den Muslim-Brüdern ins Leben gerufene politische Bewegung in Opposition zum Abkommen von Oslo und allen Folgeabkommen, die für eine Reihe von Attentaten gegen israelische Einrichtungen und ZivilistInnen verantwortlich ist und sowohl von Israel als auch von den Autonomiebehörden verfolgt wird. Wurde zu Beginn von Israel unterstützt, um der PLO zu schaden.

Referenzen:

  1. Cerha Birgit: Frieden der Könige und Pharaonen, in Salzburger Nachrichten, 31.12.1997, Beilage 50 Jahre Israel
  2. Zvi Schuldiner: Siedlungen: Frieden oder Krieg?, in: inamo Nummer 13, S 26-28
  3. Vereinigung der Vierzig: Anwesende Abwesende, in: inamo Nummer 13, S 10-11

 

Grundsätzliche Hintergrundinformationen aus verschiedenen politischen Standpunkten:
  • BAR-ZOHAR, Michael: Wenn David zu Goliath wird, Geschichte und Entwicklung des israelisch-palästinensischen Konfliktes
    München 1991
  • BAUER, Klaus: Palästinenser und PLO
    München 1993
  • BAUMGARTEN, Helga: Palästina: Befreiung in den Staat
    Frankfurt am Main, 1991
  • FLORES, Alexander: Intifada, Aufstand der Palästinenser
    Berlin 1988
  • GLASNEK, Johannes / TIMM, Angelika: ISRAEL, Die Geschichte des Staates seit seiner Gründung
    Bonn 1994
  • HOEKMANN, Gerrit: Zwischen Ölzweig und Kalaschnikow, Geschichte und Politik der palästinensischen Linken
    Münster 1999
  • HOLLSTEIN, Walter: Kein Frieden um Israel, Zur Sozialgeschichte des Palästina-Konflikts
    Berlin, 1984
  • O??BRIEN, Connor Cruise: Belagerungszustand, Die Geschichte des Zionismus und des Staates Israel
    Wien 1988
  • PRADER, Erich: Aufstand in Palästina, Besatzungsmacht Israel
    Wien 1988
  • RAWI, Rosina-Fawzia al-: Gelber Himmel Rote Erde, Frauenleben in Palästina
    Wien 1994