11/2004

Rechtsextreme Kontinuitäten

Am 20. November 2004 findet in Wien der "Konrad-Lorenz Kommers" mit einem "Symposion" unter dem Titel "Frankfurter Schule - die 9. Todsünde" statt. Organisiert wird das Ganze von der "ARGE Konrad Lorenz", die getragen wird von der Burschenschaft Olympia, der Burschenschaft Silesia dem Wiener Korporationring (WKR) und dem Ring Freiheitlicher Studenten (RFS). Geladen sind diverse Größen der rechtsextremen Szene wie Otto Scrinzi und Rolf Kosiek, kein Wunder wenn die Olympia (mit)organisiert: So fanden in ihrer "Bude" in jüngerer Vergangenheit unter anderem Veranstaltungen mit trällernden Neonazis wie Michael Müller und Frank Rennicke ebenso wie z.b. ein Seminar zu Julius Evola - welcher die SS als eine biologische und heldische Elite pries - statt.

Warum Konrad Lorenz, warum die "Kritische Theorie"?

Dass sich die Rechtsextremen für das NSDAP-Mitglied Konrad Lorenz begeistern, ist kein Zufall: die Umlegung der Ergebnisse der Verhaltensforschung bei Tieren auf menschliche Gesellschaften dient ihnen als angeblich "wissenschaftliche" Legitimation für das propagierte biologistische und völkische Weltbild. (mehr zu Lorenz in unserem Flugblatt "Vogerltanz der Braunen").

Und auch die "Kritische Theorie" gehört aus den verschiedensten Gründen zu den Lieblingsfeindbildern der Rechten: Mit der 68er-Bewegung wurden gesellschaftliche Emanzipationsprozesse in Gang gesetzt, die in vielen Bereichen ungebrochenen Kontinuitäten des Nationalsozialismus angegriffen und autoritäre Strukturen aufgebrochen haben. Für den Referenten Rudolf Kosiek führte die Kritische Theorie damit die "Umerziehung der Siegermächte zum Ziel". Ziel der Kritischen Theorie sei die "Zerstörung der deutschen geistigen Tradition, Vernichtung von Volks- und Vaterlandsbewusstsein sowie Auflösung der Volksgemeinschaft, Wiedereinführung des Marxismus und des Klassenkampfes, Abbau aller Autoritäten, Herabsetzung der Familie, Sexualisierung des Lebens, Aufhebung des abendländischen Schönheits- und Kunstbegriffs". Alles Dinge, die einem rechten Recken freilich wenig Freude bereiten.

Aber schauen wir uns die Liste der Redner genauer an:

Rolf Kosiek der ehemalige Chefideologe der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) ist seit 1991 Vorsitzender der "Gesellschaft für Freie Publizistik" (GFP) welche 1960 mit dem Ziel, rechtsextremistischen Verlegern, Schriftstellern und Publizisten ein Forum zur Verbreitung ihres Gedankenguts zu geben, von ehemaligen SS- und NSDAP-Angehörigen gegründet wurde: "Die GFP sieht ihre Aufgabe auch in der Aufklärung über Geschichtsentstellungen, insbesondere in der Frage der Kriegsschuld an beiden Weltkriegen und in der Richtigstellung einseitiger Verzerrungen in der Zeitgeschichte."

Welche "Geschichtsentstellungen" gemeint sind, macht Kosiek in der vom "Verein Dichterstein Offenhausen" im Jahre 1991 herausgegebenen Schrift "Wir gedenken..." sehr deutlich: in seinem Beitrag "Historikerstreit und Geschichtsbewußtsein" ist von den "die Deutschen belastenden Geschichtslügen" die Rede. So spricht er von der "Abnormität der heutigen Verhältnisse" und behauptet, es sei erwiesen, "daß es im KL Dachau wie auch sonst im Altreichsgebiet keine Massenvergasungen in einem KL gegeben habe" und dass "die nach 1945 in Dachau vorgeführte Gaskammer (...) erst nach dem Zusammenbruch durch deutsche Kriegsgefangene auf Befehl der Amerikaner" gebaut worden sei. Ein Rechtsgutachten zum "Verein Dichterstein Offenhausen" in dem u.a. die "Ausführungen" Kosieks als Verstoß gegen das Wiederbetätigungsverbot bezeichnet wurden, brachte es immerhin zu einer Parlamentarischen Anfrage von Herbert Haupt in der dieser die Maßnahmen von Staatspolizei und Bundesministerium für Inneres gegen Kosiek als skandalösen Rufmord bezeichnete

Bernd Rabehl

Ein weiterer Redner auf der Liste ist Bernd Rabehl: Der ehemaliger Vertreter der 68er-Bewegung in Deutschland - wobei er allerdings schon damals die sogenannte "nationale Fraktion" der StudentInnenbewegung repräsentierte - gibt sich seit Ende der 90er regelmäßig bei rechtsextremen Organisationen ein Stelldichein. So auch bei der der pflichtschlagenden Münchner Burschenschaft Danubia - diese veranstaltet in ihrer Bude nicht nur einschlägige "Diskussionen" sondern bot auch 2001 einem Skinheadschläger Unterschlupf nachdem dieser einen Griechen fast tot geprügelt hatte. Bei seinem Vortrag zum Thema "nationalrevolutionäre Ansätze 1968 und die heutige Lage der Deutschen" entwirft er ein Bedrohungszenario der "Überfremdung" und beklagt die Auflösung der "nationalen Kultur" der deutschen vor dem Hintergrund von "Asylanten- und Flüchtlingsströmen aus der ganzen Welt". Ebenso bedauert er die "fehlende nationale Identität der umerzogenen Deutschen". Das "deutsche Volk", so Rabehl, werde von politischen Kräften beherrscht, die es seiner nationalen Identität und Kultur beraubten.

Otto Scrinzi

Als ehemaligem SA-Sturmführer und Mitglied der NSDAP stand Otto Scrinzi einer politischen Karriere in Österreich natürlich nichts im Wege - und so bekleidet er nur wenige Jahre nach der militärischen Niederschlagung des Nationalsozialismus bereits wieder das Amt des Kärntner Landesobmanns des "Verbands der Unabhängigen" (VdU). Der VdU diente nach 1945 als Sammelbecken für österreichische Alt-Nazis, aus dem dann 1956 schließlich die FPÖ hervorgehen sollte. 1966 bis 1979 war er für die FPÖ Abgeordneter zum Nationalrat, während dieser Zeit unterzeichnete er auch den Aufruf der "Deutschen National-Zeitung" für eine Generalamnestie für NS-Verbrechen und etablierte sich als Stammredner bei der rechtsextremen Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP), 1986 kandidierte er als Kandidat für die Bundespräsidentschaft. Bis heute betätigt er sich als Publizist in diversen rechtsextrem Blättern wie der "Aula" (FPÖ-nahes Theorieorgan der "Neuen Rechten"), den "Fakten" und dem "Eckhartboten" (seit 2002 der Eckhart - Organ des "Schutzverein Österreichische Landsmannschaft (ÖLM)")

Friedrich Romig

Aber die Vertreter der extremen Rechten dürfen in Österreich nicht nur im Parlament sitzen sondern auch auf den heimischen Unis "lehren": Friedrich Romig, der sowohl als Dozent in Wien und Graz referierte, hält ab und an auch schon mal Vorträge bei der oben bereits erwähnten rechtsextremen Burschenschaft Danubia und ist ehemaliger "Europabeauftragter" von Ex-Bischof Kurt Krenn. Im Rahmen einer Rede auf einer FPÖ Veranstaltung im Jahr 1997 machte er dann ganz klar welchem Gedankengut er anhängt: "Demokratische Regime unterscheiden sich vom Nationalsozialismus heute unter anderem dadurch, dass die Schreibtischtäter à la Eichmann durch die Abstimm-Mörder auf den Parlamentsbänken ausgetauscht wurden, mit dem Erfolg, dass jetzt zehnmal mehr Unschuldige völlig legal umgebracht werden als Hitler Juden illegal ermorden und vergasen ließ." In einem Artikel in der Aula lässt sich laut Romig "die Tatsache nicht beschönigen, daß beispielsweise in den USA das "Menschenrecht" der Frau auf Tötung ihres ungeborenen Kindes seit 1973 verfassungsrechtlich geschützt ist", er bezeichnet Abtreibung in Folge auch als einen neuen "Holocaust im Musterland der Demokratie"

Zum Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) schreibt er: "Was Not tut, ist die systematische Bekämpfung des eiternden Geschwürs, das unser Land vergiftet." Mit antisemitischen Codes und Meldungen spart Romig in seinen Texten - vor allem wenn es gegen Globalisierung und die USA geht - ebenfalls nicht. Er sieht in der "Globalisierung" den "Weg" "auf dem das Judentum [...] seinem biblischen Auftrag gemäß weltweite Dominanz erlangt". Gleich den Nationalsozialisten behauptet Romig, die Juden und Jüdinnen würden systematisch Zweifel aussähen und die "Volksgemeinschaften" spalten.

Die männerbündlerische-Elite der Burschenschaften hat gerade in den letzten Jahren wieder vermehrt an Einfluss dazugewonnen. Nicht zuletzt durch die Regierungsbeteiligung der FPÖ haben sie es geschafft, ihren politischen und gesellschaftlichen Einfluss zu verstärken. Sie versuchen Frauen in die Gebär- und Hausfrauenrolle zu drängen, verbreiten Antisemitismus, auch Hetze gegen Homosexuelle ist keine Seltenheit - Rassismus ist sowieso Programm.

Gegen Faschismus in allen Formen und Farben!

{rosa antifa wien}