14.09.2000

§248 / Abs 15

Widerstandswoche 33

Prozeß gegen Charles vertagt

Das Verfahren gegen Charles Obiora C-Ik Ofoedu, welches vom Bedürfnis der Justiz getragen ist, endlich eine "wasserdichte" Verurteilung nach $278a StGB zu erreichen, um auf diesem Wege nachträglich die Einsetzung des Lauschangriffs gegen das Konstrukt der nigerianischen Drogenmafia zu rechtfertigen (der Einsatz der "neuen Ermittlungsmethoden" ist weitgehend auf sehr schwere Delikte oder $ 278a StGB gebunden), wurde nach der ersten Verhandlung am Mittwoch, dem 6.9. auf unbestimmte Zeit bis irgendwann Ende Oktober vertagt (Prozeßbericht nachzulesen unter www.illegalisiert.at).

Nichtvorhandene Sanktionen weg
Die "Sanktionen" sind weg, Haider und Schüssel (ebenso Van der Bellen und Gusenbauer) jubeln und die EU-Staaten haben den Postfaschismus auch auf Europäischer Ebene salonfähig gemacht.

Drahdiwaberl zensiert
Stefan Webers Drahdiwaberl, die seit 30 Jahren erfolglos gegen das angerannt sind, was jetzt in Österreich an die Macht gekommen ist, haben das neue Klima nun selbst zu spüren bekommen.
Nach der Fertigstellung ihrer neuen CD hat ein Team von Firmenanwälten der Schallplattenvertriebsfirma befunden, daß die Drahdiwaberl CD "Torte statt Worte" unmöglich ausgeliefert werden kann.
Als Grund wurde angegeben, daß die Vertriebsfirma befürchtet, geklagt zu werden, weil der Song "Schulterschluß" einige FPÖ-PolitikerInnen äußerst konfrontativ erwähnt.
Da allgemein bekannt ist, daß diese Leute ihre politischen Gegner beim geringsten Anlaß mit Gerichtsklagen zuschütten, haben die Anwälte des Vertriebs geraten, "Schulterschluß" nicht zu veröffentlichen und stoppten die Produktion. Stefan Weber wurde vor das Ultimatum gestellt, entweder "Schulterschluß" aus der CD zu entfernen oder die CD zu vergessen.
Diese Situation ist mit Sicherheit genau dieselbe, die derzeit viele Künstler erleben, die Förderungen erhalten. Das Abwürgen kritischer künstlerischer Inhalte ist für die extreme Rechte Östereichs eine vorrangige Taktik für den Machterhalt.
In diesem Fall erreicht diese Methode eine neue Qualität. Es geht hier nicht mehr um Kunstförderungen aus öffentlichen Mitteln usw. Ein privatwirtschaftlicher Konzern hat verstanden, woher der Wind weht und zieht nun bereitwillig in vorauseilendem Gehorsam mit.
Der auf der CD zesierte Titel ist auf mysteriöse Weise in das Internet gelangt, wobei der Standard Online diesen aus Sicherheitsgründen wieder entfernen ließ nun ist er unter:
http://members.tripod.de/dumpsti/Schulterschluss.mp3 zu lesen!

Elefanten gehen auf Kabas los
Nicht einmal Hilmars Patenkind im Schönbrunner Zoo mag ihn. Ab vergangenen Freitag gelang es RegierungsgegnerInnen im von der FPÖ zu ihrem "Humpi-Dumpi-Fest" mißbrauchten Schönbrunner Tiergarten, die Elefanten davon zu überzeugen, daß sie sich nicht von Hilmar Kabas füttern lassen sollten. Dieser mußte bei der geplanten Elefantenfütterung fluchtartig den Käfig räumen um nicht von den antifaschistichen Elefanten angegriffen zu werden.

HUMPI-DUMPI-Fest im Engelshof!
Am Samstag den 16. September lädt die FPÖ erneut zum Familienfest auf den Kapaunplatz im Engelshof im 20. Bezirk.
Zwischen 15 und 17 Uhr wird Dilmar Habas unseren Fragen antworten. Hat er versprochen.
Wir treffen uns um 14.30 am Friedrich-Engelsplatz bei den Strassenbahnstationen um zu einer Widerstandskundgebung zu schreiten.

"Massive Schüler- und Lehrerproteste" angekündigt
"Massive Schüler- und Lehrerproteste" kündigen Österreichs Schülerorganisationen im Falle der Verwirklichung von Finanzminister Karl-Heinz Grassers Vorschlag einer Erhöhung der Klassenschülerzahlen an. Die VP-nahe Schülerunion befürchtete in einer Aussendung ein "Aus für jeden konstruktiven Unterricht und ein Ende der Individualbetreuung". Der Wiener Landesschulsprecher Martin Binder-Blumenthal von der SP-nahen Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS) wiederum erinnerte bei einer Pressekonferenz an den Schulstreik im vergangenen Februar.
Sogar Stefan Friedrich, Obmann der ÖVP-nahen Schülerunion, warnte Grasser vor einem "taktischen Geplänkel" mit den Schulen. Eine gute Ausbildung sei die Basis für einen guten Erfolg für die Zukunft Österreichs, der für 2,5 Milliarden Schilling (182 Mill. Euro) nicht aufs Spiel gesetzt werden dürfe.
Von einem "Rückschritt" durch Grassers Pläne sprach der Bundesvorsitzende der Schülerorganisation der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) Dominik Gries. Vielmehr müsse man sich bemühen, die aktuellen Überschreitungen der Klassenschülerhöchstzahlen zu stoppen bzw. diese zu senken, so Gries in einer Aussendung. Auch das neugegründete SchülerInnenforum meldet sich zur aktuellen Diskussion um die Erhöhung der Klassenschülerhöchstzahlen zu Wort: "Bildung ist das Kapital der Zukunft! Wenn mehr SchülerInnen in der Klasse sitzen, sinkt die Bildungsqualität!" warnt der Sprecher des SchülerInnenforums, Philipp Weingartshofer.
Interessanter wäre es da natürlich, wenn die SchülerInnen selbst auf die Straße gingen und nicht nur deren parteinahe VertreterInnen sich per Presseaussendung zu Wort melden würden.

Drohen für das Deutschtum

Seit die FPÖVP-Koalitionsregierung Österreich regiert, bemüht sich diese nicht nur um eine nationalistisch-patriotische Agitation im allgemeinen, sondern auch um möglichst schlechte Beziehungen zu den östlichen Nachbarstaaten Österreichs.

Insbesondere gegenüber Tschechien und Slowenien hat hier die Österreichische Bundesregierung die deutschnationale Position der FPÖ voll übernommen.
Diese geht davon aus, daß der Nationalsozialismus keine Täter, sondern nur unterschiedslose Opfer kennt. Für die Klientell der FPÖ spielt hier die Gleichsetzung zwischen den Opfern des Nationalsozialismus und den in der Folge, nach 1945 vertriebenen Deutschsprachigen eine wichtige Rolle. Schließlich kann mit dieser Gleichsetzung geleugnet werden, daß die Sudentendeutschen, wie die ÖsterreicherInnen und Deutschen sich mehrheitlich an der Schoa und den anderen Verbrechen der Nazis aktiv und billigend beteiligt haben. Ein Aufrechnen der Opfer der Nazis, die in Konzentrationslagern einer industriellen Massenvernichtung ausgeliefert waren, mit den Opfern von Vertreibungen wird dadurch für jene ÖsterreicherInnen möglich, die sich schon immer als die armen unschuldigen Opfer gesehen haben.

Kein Wunder ist es deshalb, daß die Österreichische Bundesregierung die Entschädigungszahlungen an Opfer der Zwangsarbeit und der Arisierungen der Nazis mit Entschädigungsforderungen für "volksdeutsche" Vertriebene an Tschechien und Slowenien verknüpft. Die Rücknahme der entsprechenden Dekrete, die zugleich die Wiedererrichtung der staatlichen Souveränität der Tschechoslowakei ("Benes-Dekrete") und Jugoslawiens (Avnoj-Beschlüsse) begründeten, ist so in den letzten Monaten zu einer zentralen Forderung der Regierungsspitze geworden.
Dabei wird völlig übersehen, daß die Einverleibung des Sudetenlandes in das Deutsche Reich die systematische Ausrottung der jüdischen Bevölkerung in diesem Landstrich und die "Arisierung" des gesamten jüdischen Besitzes zur Folge hatte. Dabei wurden 80.000 Menschen, davon 15.000 Kinder ermordet. Auch die tschechische Bevölkerung wurde massiven Repressionen ausgesetzt, schrittweise ausgesiedelt und ihres Eigentums beraubt. Dies alles geschah mit massiver Unterstützung der überwiegenden Mehrheit der Sudetendeutschen und ihrer politischen Parteien, was den Hintergrund der späteren Benes-Dekrete bildete.
Dabei darf nicht vergessen werden, daß insbesondere die tschechischen Kommunisten noch sehr lange an eine Wiedererrichtung eines gemeinsamen Staates mit der deutschsprachigen Bevölkerung der alten Tschechoslowakei glaubten und erst durch die völlige Kollaboration und aktive Beteiligung fast aller Sudetendeutschen davon überzeugt wurden, daß ein Zusammenleben mit den nationalsozialistischen Schlächtern in einem Staat unmöglich würde.
Die Dekrete des bürgerlichen Tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Benes bestimmten deshalb nach 1945 nicht nur die Wiederherstellung der unabhängigen Tschechoslowakei und die Einsetzung außerordentlicher Volksgerichte zur Bestrafung nationalsozialistischer Verbrecher und ihrer Kollaborateure, sondern auch, daß all jene Deutschsprachigen, die nach dem Anschluß des Sudetenlandes an Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatten, damit auch die tschechoslowakische verloren hatten und auszusiedeln wären. Ausgenommen davon waren aktive AntifaschistInnen, die ihre Gegnerschaft zum Nationalsozialismus unter Beweis gestellt hatten.

Die Österreichsiche Bundesregierung verbindet die Forderung nach Rücknahme der Benes-Dekrete und der Avnoj-Beschlüsse nun mit offenen Drohungen gegen Slowenien und Tschechien, die beiden betroffenen Nachfolgestaaten der Tschechoslowakei und Jugoslawiens. Mehrmals wurde mit einem Veto Österreichs gegen einen EU-Beitritt der beiden Staaten gedroht. Am Samstag, den 2. September begab sich die Regierungsspitze mit Schüssel, Riess-Passer und Haider zu diesem Zwecke sogar demonstrativ an die slowenische Grenze um dort die südlichen Nachbarn wissen zu lassen, daß sie es sich mit dem neuen Österreich nicht verscherzen sollten.

Und im patriotischen Taumel machen auch viele Reste der Ökologiebewegung mit. Am selben Tag blockierten nämlich tausende ÖkopatriotInnen stundenlang die oberösterreichischen Grenzübergänge zwischen Tschechien und Österreich. Während AKWs in Deutschland oder der Schweiz hierzulande nicht mehr für Erregung sorgen können, sollen hier offensichtlich selbst die Alpha-, Beta- und Gammastrahlen dann besonders gefährlich sein, wenn sie aus dem "slawischen Osten" kommen, selbst wenn dieser Osten gar nicht im Osten, sondern im Norden liegt.
Natürlich kämpfen auch wir gegen extrem unkontrollierbare und gefährliche Technologien wie sie in AKWs zur Anwendung kommen, trotzdem halten wir eine Blockade von Grenzübergängen in diesem Zusammenhang für eine fatale Strategie, die sich gegen die tschechische Bevölkerung wendet und nicht gegen ein AKW. Einmal mehr wird damit die patriotische Verteidigung der "natürlichen Heimat" gegen das "böse Ausland" inszeniert, die sich nahtlos in eine nationalistische Eskalationsstrategie der Bundesregierung gegen Österreichs Nachbarn einfügt.

für diese Ausgabe verantwortlich:
Ökologische Linke