13.07.2005

Protestbrief gegen den Hessmarsch

An den
Botschafter für Deutschland
Hans-Henning Horstmann
Metternichgasse 3
1030 Wien.

Tel.: (+ 43 1) 711 54 -0
Fax: (+ 43 1) 713 83 66
Email: info@wien.diplo.de

Sehr geehrter Herr Botschafter,

Seit Jahren benutzt die internationale Neonaziszene den Todestag des Kriegsverbrechers und letzten großen Nazi-Gefangenen der Alliierten, Rudolf Hess, der sich 1987 in Berlin selbst erhängte, um den rassistischen, antisemitischen und zutiefst antidemokratischen Überzeugungen des Nationalsozialismus zu huldigen.

Auch dieses Jahr - ausgerechnet zum 60. Jahrestag der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus, planen tausende europäische Neonazis wieder am 20. August durch den bayrischen Ort Wunsiedel, in dem die Überreste von Hess bestattet sind, zu marschieren und so dem Nazi-Regime ihre Aufwartung zu machen.

Seit dem Jahr 2001 wurde diese Demonstration - die unter der Führung des mehrfach einschlägig verurteilten Hamburger Neonazi-Anwalts Jürgen Rieger stattfindet - immer wieder genehmigt. So kamen beispielsweise im letzten Jahr an die 4.800 Personen, darunter bekannte Rechtsextremisten aus den USA, Norwegen, Schweden, Dänemark, Großbritannien, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Ungarn, Russland, Österreich, Spanien, Italien und Kroatien - ein neuer Höhepunkt in der 18-jährigen Geschichte des Aufmarsches und das Ergebnis jahrelanger Bemühungen der internationalen Neonazi-Szene.

Der Hess-Marsch kennt nur einen Zweck: Rechtsextremisten eine legale Basis für ihre Nazi-Verherrlichung zu bieten. Als solches hat er eine stetig zunehmende Bedeutung für das ganze rechtsextreme Spektrum und deren Einigungsbemühungen, schließlich werden hier Personen aus verschiedensten sozialen Hintergründen und sogar rivalisierender politischer Fraktionen in ihrer Bewunderung für die Ziele von Hess und Hitler vereint.

Als GegnerInnen von Faschismus, Rassismus und Antisemitismus, als MenschenrechtsaktivistInnen und besorgte BürgerInnen, ist dieser beschämende Aufmarsch für uns inakzeptabel. Deswegen bitten wir Sie mit all Ihren Möglichkeiten und Ihren Kontakten zu lokalen und bundesweiten Behörden in Deutschland, dahingehend zu wirken, diese dreiste Glorifizierung eines Nazi-Kriegsverbrechers - und damit auch der Diktatur, der er gedient hat - zu verhindern. Zusätzlich bitten wir Sie unseren Protest an die höchsten Stellen weiterzuleiten.

Hochachtungsvoll,