26.11.2011

Teutonische Befindlichkeiten

Rechtsextreme Burschenschafter verbreiten sexistische und rassistische Aufkleber in unserem Namen - ein paar aufschlussreiche Infos

Antifeminismus, Hass auf Frauen*, Rassismus und Homophobie sind zentrale Eckpfeiler des Weltbilds deutschnationaler Burschenschafter. Dass (natürlich bei weitem nicht nur) unser offensives, jahrelanges Auftreten gegen all diese gesellschaftlichen Tendenzen so manchem Wichs-Träger ein Dorn im Auge ist, darf also nicht überraschen - und tut es natürlich auch nicht.

Nur selten nimmt diese Aversion aber so "interessante" Ausmaße an, wie bei einem gewissen Burkhard Georg M., Mitglied der rechtsextremen Wiener Burschenschaft Teutonia. Offenbar vom Erfolg der - mittlerweile in mehreren hunderttausend Stück produzierten - "Space-Invaders against Racism/Sexism/Antisemitism/(...)"-Sticker entnervt, hat dieser nämlich nun damit begonnen, dumpfe und widerlich rassistische und sexistische Aufkleber in unserem Namen zu produzieren. Vermutlich mit dem Vorhaben, uns auf diesem Weg zu desavouieren. Sehen wir einmal von der sowohl inhaltlich ("Haare nerven - Ausländer auch", sorry, dass wir das hier wiedergeben •) als auch gestalterischen Plumpheit seiner Gedankenwelt ab, ist dabei - für ihn - blöd, dass das mit dem kameradschaftlichen Vertrauen so eine Sache ist, die nicht immer ganz reibungslos funktionieren will. Das gilt sogar, wenn man bei einer einschlägig bekannten Druckerei produzieren lässt, wie es hier mit der deutschen "Lithographix" (siehe zu dieser [1] und [2]) der Fall ist. Entsprechend entnehmen wir der uns vorliegenden Rechnung, dass der bei den letzten Studienvertretungswahlen am Juridicum für den RFS kandidierende (und dort immerhin an allerletzter Stelle landende) M. in die aktuelle Charge der gefälschten Aufkleber stolze 119 Euro investiert hat. Da dürfte der eine oder andere Text gegen sexistische, rassistische und homophobe burschenschaftliche Männerbünde gesessen haben, zumal dieses Geld nun natürlich dem "nationalen Kampf" entzogen wurde, ob das die Kameraden freut?

Zur Erinnerung: Die Burschenschaft Teutonia avancierte in den 1990er-Jahren zum universitären Arm des militanten Neonazismus in Wien. Viele der damaligen Aktiven waren auch Aktivisten der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO), was 1993 auch zu einer Hausdurchsuchung bei der Teutonia führte. Rechte Geschichte schrieben in dieser Zeit u. a. Alois Desch, der einen Brandanschlag auf das besetzte Haus in der Ägidigasse verübte sowie Johannes Pammer, der mit dem späteren FPÖ-Chef H.C. Strache in den Wäldern Kärntens „Gotcha spielte“. Nicht zuletzt war auch Franz Radl aktiver Teutone, der sich einen Namen auch als Sprecher des Wiener Korporationsrings/WKR und der AG Wiener Burschenschaften und Landsmannschaften/WBL, als auch als Führer der neonazistischen Volkstreuen Jugendoffensive und Herausgeber des ein junges Publikum adressierenden Rassistenblättchens Gäck machte. Dieser Karrierestart sicherte ihm einen Posten als "wissenschaftlicher" Mitarbeiter des Holocaustleugners Gerd Honsik.

In jüngerer Geschichte wurde die "Weltnetzseite" der Burschenschaft aufgemöbelt und wird nun von Verweisen etwa auf die neonazistische Junge Landsmannschaft Ostdeutschland/JLO, die NPD-Zeitung Deutsche Stimme oder die Kolonialnostalgiker_innen vom Hilfskomitee Südliches Afrika geziert. Erstere organisiert alljährlich den größten Neonaziaufmarsch Europas in Dresden, wohin auch die österreichischen alpendonau-Nazis Abordnungen zu entsenden pflegen.

Weiters verteilten die Teutonen 2010 vor dem Juridicum ein Flugblatt, auf dem Grenzrevisionen in der Größenordnung von 1938ff. gefordert wurden: So würden "Südtirol, Deutschböhmen, Südkärnten, die Südsteiermark, Teile des Burgenlandes, das Elsaß, ganz Ostdeutschland und viele andere Gebiete von den Siegermächten und ihren Vasallen besetzt gehalten", woraus selbstredend die Forderung folgt, die "Gebietsabtretungen" zu "revidieren".

Ob M. die Aktion seiner Verbindung zu wenig gegenwartsbezogen oder doch einfach zu wenig pop gewesen sein mochte und er deshalb auf eigene Faust ein paar seltsame Pickerln produziert hat, sei dahingestellt und ist uns im Grunde auch egal.

Für uns gilt eigentlich wie immer: Augen offen halten, Fascho-Kleber, ob Fakes oder echt, entfernen und immer genügend eigene Aufkleber in der Tasche haben. Ganz besonders wollen wir euch unsere schicken neuen Sticker ans Herz legen!

Rosa Antifa Wien (RAW)

P.S.: Bevor irgendwelche Zweifel über den Zusammenhang von Burschenschaft und Einzelperson entstehen: M. hat sich die Aufkleber schlauerweise direkt an die Adresse der Teutonia im achten Wiener Gemeindebezirk schicken lassen.

P.P.S.: Dass die Aufkleber nun entlang exakt der selben Routen auftauchen, an denen schon in der Vergangenheit eifrig die Aufkleber neonazistischer Gruppen wie "Alpen-Donau" oder "Der Funke" geklebt wurden, ist sicher nur reiner Zufall. 

[1] linksunten.indymedia: Das Netzwerk der Ulmer Nazidruckerei "Lithographix"

[2] linksunten.indymedia: "Zuverlässige Leute"